Lohnt sich ein fotografischer Besuch im Gespensterwald an der Ostsee? Es gibt Orte, die einen schon lange faszinieren, ohne dass man sie je mit eigenen Augen gesehen hat. Für mich war der Gespensterwald bei Nienhagen einer dieser Orte – ein Ort, der auf unzähligen Fotos mystisch und fast unwirklich wirkt. Die knorrigen, vom Wind geformten Buchen und das Spiel aus Licht, Schatten und Nebel haben mich seit Jahren gereizt. Im Juni 2025 war es endlich soweit: Ein Fotoauftrag führte mich in die Nähe von Rostock und ich nutzte die Gelegenheit, um mir diesen lang ersehnten Fotospot bei Sonnenaufgang endlich selbst vorzunehmen.

Ein Ort, der Geschichten erzählt

Der Gespensterwald liegt direkt an der Steilküste von Nienhagen. Der schmale Waldstreifen zieht sich parallel zur Ostsee und ist für seine teils bizarr gewachsenen Bäume bekannt. Von Wind und Wetter geformt, wirken sie wie Wächter an der Küste: still, eigenwillig und manchmal fast geisterhaft. Genau deshalb trägt der Ort auch seinen Namen: Gespensterwald Ostsee.

Schon auf den ersten Blick war klar: Dieser Ort ist nicht nur fotogen, sondern auch voller Atmosphäre. Und gleichzeitig auch anspruchsvoll, denn gerade bei Sonnenaufgang muss alles stimmen: Timing, Licht, Perspektive. Deshalb war für mich von Anfang an klar: Ohne gute Vorbereitung geht hier nichts.

Planung: Der Sonnenstand entscheidet

Rund zwei bis drei Wochen vor meiner Reise begann ich mit der Planung. Ich wollte nicht einfach auf gut Glück losziehen, sondern genau wissen, wo sich das frühe Licht im Wald am besten nutzen lässt. Dafür schaute ich mir viele Fotos anderer Fotografen an, um ein Gefühl für den Ort zu entwickeln. Ich studierte die Sonnenverläufe für den Juni, nutzte PhotoPills, um mithilfe von Augmented Reality vor Ort die Lichtverhältnisse zu simulieren, und suchte gezielt nach möglichen Kompositionen.

Im Sommer geht die Sonne weit im Nordosten auf, was für den Gespensterwald an der Ostsee von Vorteil ist, da er genau in diese Richtung offen liegt. Sonnenuntergänge funktionieren hier im Sommer hingegen weniger gut, da die Sonne dann zu weit im Nordwesten steht und der Abstand zwischen Lichtquelle und Küste zu groß ist. Wer den Wald im besten Licht fotografieren möchte, sollte also möglichst früh aufstehen – oder gleich dort übernachten.

Vor Ort: Der Spot bei Tageslicht

Bevor ich frühmorgens zum Sonnenaufgang loszog, schaute ich mir den Ort erst einmal bei Tageslicht an. Das gehört für mich zur Routine, gerade bei neuen Locations. Wo sind die stärksten Linien im Wald? Welche Bäume wirken besonders? Wo lassen sich Vorder- und Hintergrund gut gestalten? Diese Fragen lassen sich im Hellen besser beantworten als in der Dämmerung mit Stirnlampe.

Dank der App PhotoPills (AR-Modus) konnte ich vor Ort exakt bestimmen, wo die Sonne später aufgehen würde. So wusste ich genau, wo ich mein Stativ platzieren musste, um das warme Licht optimal einzufangen, ohne vor Ort improvisieren zu müssen. Und genau diese kleinen Kniffe und Tools, die mir bei der Vorbereitung geholfen haben, teile ich übrigens auch in einem ausführlichen Beitrag auf meinem Patreon, inklusive RAW-Datei und Lightroom-Preset.

Der Moment: Magie in den Baumkronen

Der nächste Morgen begann sehr früh, aber das gehört bei der Landschaftsfotografie eben dazu. Ich war rechtzeitig vor Ort, der Himmel war klar und die Ostsee lag fast bewegungslos da. Als die ersten Sonnenstrahlen die Steilküste erreichten und sich langsam durch die Baumkronen bahnten, begann das lang ersehnte Schauspiel.

Ein zarter Nebelschleier hing über dem Waldboden, die Stämme warfen lange Schatten und das Licht schien förmlich durch die Szenerie zu tanzen. Genau diese Mischung aus Ruhe, Struktur und Weite macht für mich den Reiz des Gespensterwaldes aus. Kein Bild gleicht dem anderen, und trotzdem trägt jedes einzelne diese unverkennbare Stimmung in sich. Ich war mit meiner Kamera mittendrin und für einen Moment war alles ganz still. Keine Radfahrer, keine Touristen, einfach nur die Kamera und Ich.

Kameraeinstellungen & Komposition: Was du im Gespensterwald beachten solltest

Die Fotografie im Wald – insbesondere im Gespensterwald bei Nienhagen – ist gleichermaßen herausfordernd wie faszinierend. Technisch brauchst du nicht viel: ein stabiles Stativ, ein Weitwinkelobjektiv (zum Beispiel 16–35 mm), ein Standardzoom-Objektiv (zwische 24-70mm), eine geschlossene Blende (f/8 bis f/11) für maximale Schärfentiefe und eine möglichst niedrige ISO (100–200), um feine Details und Nebelstrukturen sauber aufzunehmen. In der blauen Stunde oder bei Dunst können auch längere Belichtungen lohnenswert sein.

Viel entscheidender als die Technik ist jedoch die Bildgestaltung: Der Wald wirkt auf den ersten Blick oft chaotisch, da es überall Bäume, Linien und Schatten gibt. Umso wichtiger ist es deshalb, visuelle Ordnung zu schaffen.

Achte auf:

  • Klar erkennbare Vordergründe, z. B. ein markanter Baum oder ein Pfad
  • Tiefe im Bild durch Staffelung von Bäumen (Vorder-, Mittel-, Hintergrund)
  • Führungslinien wie Wege, Lichtstreifen oder Wurzeln
  • Lichtinseln, also Bereiche, wo das Sonnenlicht durch die Bäume bricht – sie lenken den Blick und erzeugen Atmosphäre
  • Überlappungen vermeiden, damit die Bäume nicht „aneinanderkleben“

Es lohnt sich, sich auf ein Motiv oder eine Stimmung zu konzentrieren, statt möglichst viel ins Bild zu pressen. Gerade im Wald ist weniger oft mehr.

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Fazit & weitere Tipps

Für mich war der Gespensterwald an der Ostsee mehr als nur ein Fotospot. Er war ein Ort, an dem alles zusammenkam: die Planung, die Faszination für besondere Lichtstimmungen, die Verbindung zur Natur und das tiefe Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wenn man im ersten Licht des Tages dort steht, versteht man sofort, warum dieser Ort so viele Fotograf:innen in seinen Bann zieht.

Und obwohl ich mit meiner Kamera viele gute Aufnahmen gemacht habe, ist es das Erlebnis selbst, das mir im Gedächtnis geblieben ist. Der Moment, das Licht, die Stille – all das hat sich eingebrannt.

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